Die Zahl „100“ ist auf diversen Zetteln an der Wand im Raum der Kgl. St.Sebastianus Schützen vermerkt. Bessere Ergebnisse konnten die Jungschützen nicht erzielen, als bei zehn Schüssen die Luftgewehrkugel mitten auf der „Zehn“ zu platzieren.
Die Jugend ist der ganze Stolz des Vereinspräsidenten Harald Lamberty. Über Nachwuchs kann sich der Verein wahrlich nicht beklagen. Über 20 der rund 60 Ketteniser Schützen gehören zur Jugendabteilung. Zumal: Das Schießen ist keinesfalls sinnfreies Herumballern, sondern ein echter Konzentrationssport. „Halten Sie Ihre Hand dort genau fest“, sagt Lamberty. Dann heißt es erst einmal ruhig durchatmen, durch das Visier das Schwarze suchen und abdrücken. Der Schuss sitzt.
Schießen fördert die Konzentration.
Lamberty zeigt auf den Schießzettel eines Kindes. „Er ist hyperaktiv“, erzählt er. Hier kann der Schießsport dem Jungen sicher helfen, ruhiger, konzentrierter und auch verantwortungsvoller zu werden. Denn auch die Luftgewehre, an die der Verein schon Achtjährige heranführt, sind Waffen. Deshalb ist im Schießraum auch eine Laseranlage, wo die ganz Neuen schießen. Erst, wenn sich Trainer und Betreuer sicher sind, dass das Kind verantwortlich handelt, darf es unter Aufsicht mit dem Luftgewehr schießen.
Ab dem 16. Lebensjahr darf der Jungschütze mit entsprechendem Befähigungsnachweis auf der Schießbahn im Café „Zur Closey“ Kleinkaliber und auf Schönefeld mit der „dicken Büchse“ schießen, mit der auch der Schützenvogel von der Stange geschossen wird.
Denn zu einem richtigen Schützenverein gehört auch die Tradition, in deren Organisation sich auch die Jugendlichen aktiv einbringen. Schließlich sind die Schützen die wohl ältesten Vereine, die es gibt. Die Aachener Karlsschützen nennen sich „vor 1198“, weil sie in diesem Jahr erstmals erwähnt wurden, tatsächlich aber schon lange vorher existierten.
Stolz ist der Verein auf die Jugend. | Fotos: privat
Auch die Zahl „1760“ der Ketteniser Schützen bezieht sich nicht auf die Gründung, sondern auf den Existenznachweis, eine bis heute erhaltene silberne Taube, die Kaiserin Maria Theresia den Schützen um 1760 gestiftet hatte und die heute noch die Kette des Schützenkönigs ziert, sowie eine Königsplakette aus diesem Jahr. Die Aufschriften der Plaketten haben historischen Wert, denn sie zeugen von Selbstsicht und Standesbewusstsein der Ketteniser Bauern und Handwerker. Tatsächlich vermutet man die Gründung auf den Anfang des 18. Jahrhunderts, wo sich die Ketteniser 1735 nach einem großen Streit von den Walhorner Bankschützen getrennt hatten.
Patronatsfest, Vogelschuss und Königsball gehören selbstverständlich zum Vereinsleben dazu. „Wir verbinden das Patronatsfest mit Karneval“, erzählt Herbert Nols, der sich besonders im geselligen Teil des Schützenlebens engagiert. Nach den obligatorischen Reden und Ehrungen der erfolgreichen und langjährigen Schützen wird es närrisch. Der Prinz kommt und mit ihm lokale und regionale Karnevalsgrößen. Schließlich liegt der Sebastianustag (20. Januar) mitten in der Karnevalszeit.
Aber vorher geht es selbstverständlich zur Festmesse, denn Kirche und Schützen gehören seit jeher eng zusammen. Herbert Nols ist auch derjenige, der in der traditionellen Schützentracht gekommen ist. Bei den Kettenisern hält die sich preislich im Rahmen. Es ist ein schwarzer Anzug, an dem die Schützeninsignien befestigt sind, und ein Zylinder.
Zur Tradition gehört neben dem Vogelschuss auch das Stangenschießen – oder wie es im Verein heißt, das Schießen auf „Büllchen“. Das sind auf Stangen befestigte Kügelchen, die der Schütze mit dem Luftgewehr, dem Kleinkaliber oder der dicken Büchse wegschießt.
Standesgemäß macht der König seine Ausfahrt.
Ebenfalls zur Tradition und Geselligkeit gehören Ausflüge zu befreundeten Vereinen. An der Wand hängt ein hölzerner Umriss der Bundesrepublik Deutschland, den die Schützen aus Frechen-Königsdorf ihren belgischen Freunden 2010 zum 250. Jubiläum geschenkt haben. Ein anderer Freundschaftsverein sind die Schützen aus Elsenborn.
Natürlich wird auch bei den Jugendlichen Geselligkeit großgeschrieben. Da die Kameradschaft stimmt, wird beim Training auch erzählt und die eine oder andere Cola getrunken. Für die Jugendlichen ist ein Ausflug in die Aachener Kletterhalle mit anschließendem Essen beim mongolischen Buffet in Eilendorf ein Highlight im Vereinsleben.
Manchmal verschwimmen die Grenzen zwischen Tradition und Sport, denn die Sebastianusschützen sind auch Mitglied des „Ostbelgischen Stangenschützenverbandes“ und des „Flachbahnverbandes der drei Grenzen“. In letzterem haben sich über 20 Vereine aus dem Norden der DG und den umliegenden plattdeutschen Gemeinden zusammengeschlossen.
Auch sportlich steht der Verein gut da.
Da besucht man natürlich auch das eine oder andere Schützenfest und misst sich auf sportlicher Ebene. Die Ketteniser haben es mit ihren Schießkünsten in die erste Gruppe geschafft. Zu den Provinzial- oder belgischen Meisterschaften gehen die Sebastianusschützen nicht. „Das wäre zu viel Aufwand für den Verein“, begründet das Lamberty. Sollte aber ein Vereinsmitglied tatsächlich einmal Lust auf höhere sportliche Weihen haben, wäre das möglich, allerdings dann über einen befreundeten Verein.
Auch wenn es im Jugendbereich gut läuft, Nachwuchs kann ein Schützenverein immer gebrauchen. „Wir haben in der Altersgruppe von 25 bis 50 eine Lücke“, sagt Nols. Der Verein würde sich freuen, wenn sich hier Leute melden. Aber auch ältere Jahrgänge, Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen, die Spaß an der Mischung aus Tradition, Sport und Geselligkeit haben, sind immer willkommen.
Wer Lust hat, mitzumachen kann sich bei Harald Lamberty unter 0497/04 55 11 oder haraldlamberty@yahoo.de melden oder einfach mittwochnachmittags ab 16 Uhr in die Sporthalle Kettenis kommen.
Informationsquelle : Grenzecho